WAS FUNKTIONIERT & WAS NICHT FUNKTIONIERT
Für Erklärungen von Namen, Inhalt und Themen s. Handlung, Vorlage, Sprache, Themen
Theater, Bühne, Kulissen & Licht
Das Dominion Theatre ist eine fantastische Location für das Bat out of Hell-Musical: mit seiner ungewohnt breiten Bühne bietet es genug Raum für die Erschaffung einer sehr detailreichen Welt. Da der Zuschauerraum des Theaters an seinem breitesten Punkt allerdings noch breiter als die Bühne selbst ist, laufen alle Zuschauerinnen und Zuschauer, die am Rand sitzen, bei jedem Musical Gefahr, ständig Requisiten im Blickfeld zu haben (vor allem je weiter vorne man sitzt).
Bei Bat out of Hell wurde für dieses Problem eine elegante Lösung bzw. Verbesserung gefunden: die Hauptaction auf der Bühne findet auf einem (von oben gesehen) auf der Spitze stehenden Quadrat statt. Die linke vordere Ecke der Bühne (wo sich der Mini-Pool befindet) wird nur selten genutzt und die rechte vordere Ecke beherbergt den Dirigenten, der von dort aus sowohl einen Blick auf die Bühne als auch auf das Orchester unter der Bühne hat. Was auf der rechten hinteren Bühnenseite (Falcos Wolkenkratzer) passiert, wird in vielen Szenen live mitgefilmt und gekonnt auf die Kulisse der linken hinteren Bühnenhälfte (The Deep End) projiziert, wenn diese gerade nicht verwendet wird – und genauso vice versa.
Die Bühnenbilder sind statisch, und obwohl sowohl das Deep End als auch der Wolkenkratzer nie ganz verschwinden, so gelingen trotzdem alle Szenenwechsel sehr überzeugend mithilfe von eingeschobenen Wänden und Kulissen und dem Auftauchen der Rockband, die im Deep End oftmals live auf der Bühne spielt.
Bei Bat out of Hell wurde für dieses Problem eine elegante Lösung bzw. Verbesserung gefunden: die Hauptaction auf der Bühne findet auf einem (von oben gesehen) auf der Spitze stehenden Quadrat statt. Die linke vordere Ecke der Bühne (wo sich der Mini-Pool befindet) wird nur selten genutzt und die rechte vordere Ecke beherbergt den Dirigenten, der von dort aus sowohl einen Blick auf die Bühne als auch auf das Orchester unter der Bühne hat. Was auf der rechten hinteren Bühnenseite (Falcos Wolkenkratzer) passiert, wird in vielen Szenen live mitgefilmt und gekonnt auf die Kulisse der linken hinteren Bühnenhälfte (The Deep End) projiziert, wenn diese gerade nicht verwendet wird – und genauso vice versa.
Die Bühnenbilder sind statisch, und obwohl sowohl das Deep End als auch der Wolkenkratzer nie ganz verschwinden, so gelingen trotzdem alle Szenenwechsel sehr überzeugend mithilfe von eingeschobenen Wänden und Kulissen und dem Auftauchen der Rockband, die im Deep End oftmals live auf der Bühne spielt.
Am beeindruckendsten ist in Bat out of Hell mit Abstand die Szene in der Strat während dem Titellied spektakulär mit dem Motorrad verunglückt, was schon am Ende des 1. Akts für Standing Ovations sorgt. Man kann sich einen Motorradunfall auf einer Musicalbühne mit der ikonischen Musik von Jim Steinman ausmalen wie detailreich auch immer und so oft man will, aber man wird sich niemals den überwältigenden Anblick ausmalen können, den man hier im Dominion Theatre in dieser dramatischen Szene geboten bekommt.
Aufgrund des Einsatzes von verschiedenen Beleuchtungskörpern, die zeitweise in den Publikumsraum gerichtet sind, hat man bei vielen imposanten Szenen (All revved up, Bat out of Hell, I'd do anything for love) den Eindruck, dass man sich nicht nur aufgrund der Musik auf einem Rockkonzert befindet. Dazu trägt auch noch die Tatsache bei, dass Strat und Falco oftmals normale Mikrofone benutzen und diese während der Performance an deren Kabeln um ihre eigenen Köpfe herumwirbeln, was bei mir jedes Mal für Angst um die Augen und Zähne der Hauptdarsteller gesorgt hat, allerdings auch wahrhaftig sehr „cool“ aussieht.
Choreografie des Tanzensembles
Ein Tanzensemble ist meiner Ansicht nach etwas, das für ein Musical mit so starkem Rockkonzert-Charakter großteils überflüssig ist – und leider ist die Choreografie von Bat out of Hell wirklich der stärkste Kritikpunkt: sie ist meiner Meinung nach einfach „ergänzt“ und nicht in das Musical integriert worden. Bei nur sehr wenigen Liedern ist sie passend zur Thematik der Szene gestaltet worden (z.B. bei Bat out of Hell), während die – nichts mit der erzählten Story zu tun habende – Choreografie in anderen Szenen einfach nur deshalb funktioniert, weil sie sehr beschwingte Lieder untermalt, wie z.B. bei Out of the frying pan and into the fire, You took the words right out of my mouth und Dead ringer for love.
Aber in vielen Szenen ist sie leider so unpassend wie ein Zirkuszelt auf einem Friedhof, und bewegt sich auf einer Skala von „vollkommen unnötig“ (Objects in the rear view mirror) bis zu „was zum Henker hat diese Choreo mit dem Lied zu tun?“ (Paradise by the Dashboard light).
Auch wenn die Choreografie des Tanzensembles bei Objects in the rear view mirror zum Glück erst bei der dritten Strophe einsetzt, so ist sie dort immer noch ablenkend genug. Diese Rockballade lebt alleine durch die Ausdruckskraft der Musik und des Sängers; und die Vermittlung der Geschichte und die melancholische Stimmung der ganzen Szene wird hier von einem zusätzlichen Element nur verdorben.
Bei Paradise by the Dashboard light hatte ich mir erhofft, dass man den beiden Protagonisten „trotz“ des schwungvollen Songs zutraut, auch nur zu zweit für genug visuelle Action sorgen zu können – was Sloane und Falco durchaus auch schaffen. Leider haben das die Choreographen nicht gesehen und dem Ensemble hier eine der Szenen-fremdesten Choreografien verpasst, die man sich nur vorstellen kann.
Sehr schade um die viele Arbeit und all die großartigen Tänzerinnen und Tänzer, die bei dieser – diese Produktion überhaupt nicht komplimentierenden – Choreografie mitwirken.
Auch wenn die Choreografie des Tanzensembles bei Objects in the rear view mirror zum Glück erst bei der dritten Strophe einsetzt, so ist sie dort immer noch ablenkend genug. Diese Rockballade lebt alleine durch die Ausdruckskraft der Musik und des Sängers; und die Vermittlung der Geschichte und die melancholische Stimmung der ganzen Szene wird hier von einem zusätzlichen Element nur verdorben.
Bei Paradise by the Dashboard light hatte ich mir erhofft, dass man den beiden Protagonisten „trotz“ des schwungvollen Songs zutraut, auch nur zu zweit für genug visuelle Action sorgen zu können – was Sloane und Falco durchaus auch schaffen. Leider haben das die Choreographen nicht gesehen und dem Ensemble hier eine der Szenen-fremdesten Choreografien verpasst, die man sich nur vorstellen kann.
Sehr schade um die viele Arbeit und all die großartigen Tänzerinnen und Tänzer, die bei dieser – diese Produktion überhaupt nicht komplimentierenden – Choreografie mitwirken.
Beziehungen der Protagonistinnen und Protagonisten
Wie ich in meinem letzten Blogbeitrag geschrieben habe, liegt der Hauptfokus des Bat out of Hell-Musicals genau wie jener der Bat out of Hell-Alben von Meat Loaf und Jim Steinman nicht auf dem Handlungsbogen, der alle Lieder zusammenhalten soll (ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt), sondern auf der Betrachtung von einzelnen Lebensabschnitten sich liebender Menschen – was die große Herausforderung mit sich gebracht hat, die Beziehungen zwischen den Charakteren in einem Musical möglichst authentisch und gleichzeitig intensiv zu porträtieren.
Und diese Schwierigkeit ist hier auf eine unkonventionelle Art unglaublich beeindruckend gemeistert worden!
Einerseits sicher deshalb, weil Andrew Polec (Strat) und Christina Bennington (Raven) und Rob Fowler (Falco) und Sharon Sexton (Sloane) genau diese Rollen schon seit über einem Jahr miteinander spielen; andererseits ist es aber auch die brillante Manier in der die facettenreichen Beziehungen dieser Charaktere dargestellt werden. Ich hatte diese Woche das Glück Simon Gordan (eine von Andrew Polecs Understudys zu sehen) und die Chemie zwischen ihm und Christina Bennington war nahezu genauso stark wie jene zwischen ihr und Andrew Polec.
Und diese Schwierigkeit ist hier auf eine unkonventionelle Art unglaublich beeindruckend gemeistert worden!
Einerseits sicher deshalb, weil Andrew Polec (Strat) und Christina Bennington (Raven) und Rob Fowler (Falco) und Sharon Sexton (Sloane) genau diese Rollen schon seit über einem Jahr miteinander spielen; andererseits ist es aber auch die brillante Manier in der die facettenreichen Beziehungen dieser Charaktere dargestellt werden. Ich hatte diese Woche das Glück Simon Gordan (eine von Andrew Polecs Understudys zu sehen) und die Chemie zwischen ihm und Christina Bennington war nahezu genauso stark wie jene zwischen ihr und Andrew Polec.
Die Beziehung von Falco und Sloane ist einfacher zu beschreiben, als jene von Strat und Raven, da die zweitgenannte sich erst über den Lauf des Stücks hinweg entwickelt. Falco und Sloane haben schon mindestens 18 Jahre miteinander verbracht, kennen einige ihrer eigenen und des anderen Fehler und Schwächen und haben sich im Alltagstrott auseinandergelebt. All dies wird vermittelt durch kleine Gesten, Blicke, Stimmlagen und natürlich durch die für solche Situationen perfekten Liedtexte von Jim Steinman:
I can still see a vision of youWährend uns Falco und Sloane die Seiten einer Beziehung zeigen mit denen wir alle bis zu einem gewissen Grad (aus anderen Geschichten) vertraut sind – vom Nachtrauern einer seit langer Zeit als abgestumpft angesehenen Leidenschaft in Paradise by the Dashboard light bis zum schmerzhaften, noch immer brennenden Verlangen für den anderen in What part of my Body hurts the most – bieten uns Strat und Raven einen völlig neuen Blick darauf, wie man Liebe das erste Mal entdecken kann.
But it's out of my sight
You're always out of my sight
And I'll never get away from it
Die Geschichte von Strat und Raven als Paar ist an sich nicht außergewöhnlich – und die Zeit, über die wir sie begleiten, relativ kurz – aber die Art wie die beiden miteinander umgehen, ist es. Als sie das erste Mal miteinander sprechen, in Making love out of nothing at all, gehen beide auffallend vorsichtig miteinander um: umkreisen sich, probieren eine neue Art der Annäherung aus und sind sich offenkundig unsicher. Obwohl sie schon seit einiger Zeit voneinander geträumt haben, fällt keiner der beiden dem anderen einfach in den Arm oder küsst ihn/sie ohne Zustimmung des Gegenübers. Sie machen sich sogar „Safe-Zones“ aus:
Raven: „Hair is safe, nothing transmits through hair but electricity. Shoulders are safe, nothing transmits through shoulders.“
Die glühende Leidenschaft der beiden knistert unter der Oberfläche und offenbart sich auf genauso traumähnliche und unkonventionelle Weise wie die gesamte Atmosphäre des Musicals.
Strat: „I would like your heart to beat as fast as mine, so that our bodies rhyme.“
Raven: „Hair is safe, nothing transmits through hair but electricity. Shoulders are safe, nothing transmits through shoulders.“
Die glühende Leidenschaft der beiden knistert unter der Oberfläche und offenbart sich auf genauso traumähnliche und unkonventionelle Weise wie die gesamte Atmosphäre des Musicals.
Strat: „I would like your heart to beat as fast as mine, so that our bodies rhyme.“
Als sie sich das nächste Mal wiedersehen, bei For crying out loud, testen sie trotz des offensichtlichen Sinnestaumels, in dem sich beide befinden, noch immer ihre eigenen und des anderen Grenzen aus. Beide verhalten sich in dieser Szene so, wie zwei Menschen, die von unbändiger emotionaler Energie erfüllt sind, aber sich noch immer nicht sicher sind, wie nahe sie ihrem Gegenüber kommen sollen bzw. dürfen. Strat und Raven respektieren sich gegenseitig so sehr, dass sie explizit nach jener fast magischen Einigkeit streben, in der jeder Mensch selbst in einer intensiven Liebesbeziehung keinen Aspekt seines eigenen Individualismus verliert.
Diese unkonventionelle Art und Weise auf die zwei verliebte und zu jedem Zeitpunkt gänzlich gleichberechtige Menschen in Bat out of Hell porträtiert werden, dieses vorsichtige Herantasten an das Thema Liebe und die uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit aller Beteiligten ist das Letzte, das ich von einem Rock'n'Roll-Musical, das seinen Anfang in den 70ern genommen hat, erwartet hatte.
Diese unkonventionelle Art und Weise auf die zwei verliebte und zu jedem Zeitpunkt gänzlich gleichberechtige Menschen in Bat out of Hell porträtiert werden, dieses vorsichtige Herantasten an das Thema Liebe und die uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit aller Beteiligten ist das Letzte, das ich von einem Rock'n'Roll-Musical, das seinen Anfang in den 70ern genommen hat, erwartet hatte.
Fazit
Bat out of Hell hat mich in einigen prägnanten Punkten enttäuscht: von der Choreographie des Tanzensembles über die – über weite Strecken – durchschnittliche Handlung, die einem dystopischen Jugendroman zu entstammen scheint, bis hin zu einer Menge Musical-Klischees.
Aber in Hinsicht auf den Einsatz von außergewöhnlicher Sprache, auf die gewagte Interpretationsfreiheit und darauf, dass der Hauptfokus des Musicals auf einer möglichst authentischen Darstellung von menschlichen Beziehungen liegt, hat es mir absolut den Boden unter den Füßen weggezogen. Auch ist die Größenordnung von West End-Musicals – überdimensionale Bühnenbilder, die bombastische Lautstärke der Musik und der unbeschreibliche Einsatz von Licht – noch immer nicht selbstverständlich für mich. Und für die übermenschlichen Leistung aller Darstellerinnen und Darsteller Jim Steinmans Songs – von denen nahezu jeder einzelne für sich schon eine 10-minütige Rockoper ist – so über die Bühne zu bringen, finde ich nicht einmal die passenden Worte.
Wer die Chance hat, sollte sich diese transzendente Liebesgeschichten-Sammlung mit Rock'n'Roll-Musik unbedingt dieses Jahr im Dominion Theatre anschauen!
Nachtrag:
Korrekterweise muss erwähnt werden, dass ich „nur“ ein paar Vorstellungen der PREVIEWS (die noch bis 19.4.2018 laufen) im Dominion Theatre gesehen habe – einige Details der Produktion könnten sich also in den nächsten Wochen noch verändern.