23.11.17

CD Review Bat out of Hell The Musical – Jim Steinman

The Beat Is Yours Forever

Ich habe gestern endlich meine Bat out of Hell - The Musical-CD bekommen, die schon seit Sommer auf dem internationalen Markt ist, in Europa bis heute aber leider nur von sehr exklusiven Musikhändlern vertrieben wird.
Aber das Warten und sogar der hohe Preis haben sich gelohnt, vor allem weil den Doppel-CDs ein traumhaft schönes Booklet mit den gesamten Lyrics beiliegt, was bei Musical-CDs heutzutage leider nur noch sehr selten vorkommt.


Bat out of Hell - The Musical ist das, was das We will rock you Musical hätte sein können, wenn sich Zweitgenanntes selbst ein bisschen ernster genommen hätte.
We will rock you lässt sich hier als ein sehr passender Vergleich heranziehen, weil die Musik dieser beiden Musicals derselben Ära und demselben Genre entstammt. Aber während Drehbuchautor Ben Elton die Musik von Queen in We will rock you in das Genre eingeführt hat, das ihm am vertrautesten ist - der Komödie -, hat Rock-Urgestein Jim Steinman bei allen Bat out of Hell-Alben seit 1977 das Steuer nie freiwillig aus der Hand gegeben und ist seinen Idealen bis heute treu geblieben.
Bat out of Hell - The Musical ist Jim Steinmans erste erfolgreiche Realisierung seine Musicalidee aus dem Jahr 1977: Neverland 
Peter Pan has always been about my favorite story and I've always looked at it from the perspective that it's a great rock and roll myth because it's about—when you get right down to it—it's about a gang of lost boys who never grow up, who are going to be young forever and that's about as perfect an image for rock'n'roll as I can think of.  
Das Skript des neuen Musicals sowie alle Texte stammen von Steinman selbst, weshalb die Musik nicht wie jene von We will rock you in eine weit von unserer Realität entfernten Welt versetzt worden ist, sondern - trotz ihrer dystopischen Grundidee - tief in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verwurzelt ist. Die Rock'n'Roll-Lebensphilosophie der 70er, 80er und teilweise auch der 90er bilden die Grundlagen von Bat out of Hell - The Musical - man kann sie jede Sekunde spüren.
Zusätzlich dazu, dass Steinman dem Rockergenre des vergangenen Jahrhunderts nie entwachsen ist, war bei der Entstehung dieses Musicals sicherlich auch der Umstand hilfreich, dass das originale Bat out of Hell-Album aus 1977 bereits einen kompletten Songzyklus, der eine zusammenhängende Geschichte erzählt, enthalten hat.
Interessant ist, dass das Musical selbst mit dem letzten Lied des originalen Albums beginnt - die Geschichte des jungen verunglückten Bikers, der sich im Sterben liegend an sein Leben erinnert, wird also nicht wie bisher in Rückblenden erzählt, sondern in chronologischer Reihenfolge.
Welche neuen Storyelemente das Musical bedient, die bisher nicht in Jim Steinmans beiden Bat out of Hell-Alben erzählt worden sind, weiß ich noch nicht (darüber werde ich erst mehr erfahren, wenn die bereits angekündigte Wiederaufnahme des Musicals in London 2018 stattfinden wird). Zusätzlich zu Liedern aus den ersten beiden Bat out of Hell-Zyklen sind dem Musical auch eine kleine Auswahl von Songs aus dem dritten Bat out of Hell-Album (2006) beigefügt worden, bei dem Steinman nicht mehr als Produzent agiert hat.
Sehr vorhersehbar war, dass I would do anything for love die finale Rock-Symphonie bildet, die von allen Darstellern gemeinsam gesungen wird. Es ist also gut möglich, dass sie wie Bohemian Rhapsody in We will rock you bereits außerhalb des Stücks steht und ‘nur noch’ als Zugabe gesungen wird.
Die Texte aller Lieder sind zu 95% original übernommen worden.
Auffallend sind bei allen Bat out of Hell - The Musical Liedern vorrangig die deutlich angehobene Frauenquote, und dass ein volles Orchester die obligatorische Rockband unterstützt.
Die Besetzung des Musicals ist phänomenal gewählt: An der Spitze einer Riege von außergewöhnlichen Stimmtalenten stehen sich Andrew Polec als Wasted Youth und Rob Fowler als ein Vertreter der Who needs the Young?-Generation gegenüber.
Wer sich ein Bild von diesen beiden Ausnahmetalenten verschaffen will, dem empfehle ich einerseits natürlich dem Titellied, aber auch unbedingt In the land of the pig the butcher is king seine Aufmerksamkeit zu schenken.

Gemeinsamkeiten mit meinem Lieblingsmusical Tanz der Vampire (Musik ebenfalls von Steinman) hat Bat out of Hell - The Musical folgende: Die Melodie von Who needs the Young aus dem 1. Akt ist das Hauptthema von Die Gruft und im 2. Akt kommt Objects in the rear view mirror - ergo: Die unstillbare Gier - in seiner Gesamtheit vor.
Genau wie Tanz der Vampire ist das gesamte Musical zum Bersten gefüllt mit Energie, die bei diesen rockigen Liedern auf Anhieb überspringt. Jim Steinman-Musicals enthalten pures Leben für mich!

Besorgt euch diese Musical-Aufnahme, liebe Jim Steinman-Fans, und haltet die Daumen dafür gedrückt, dass das Musical bald wieder zurück nach Europa kommt.
Think of how we lay down together
We'd be listening to the radio so loud and so strong
Every golden nugget coming like a gift of the gods
Someone must have blessed us
When he gave us those songs

Update: Wer mehr über das Musical erfahren möchte, kann bei Handlung Vorlage, Sprache, Themen und bei Pro & Contra, Dominion Theatre London weiterlesen.

Jim Steinman-Quote: jimsteinman.wikia.com/wiki/Neverland