Warum hast du alles und ich nichts?
Blutsbrüder, das in den 1980ern aus einem Theaterstück über die englischen Klassenunterschiede entstandene Musical, läuft seit dieser Woche im Veranstaltungszentrum Bruno in Brunn am Gebirge. Bei dieser deutschen Inszenierung wird die Übersetzung von Dorothea Renckhoff verwendet, in der der Liverpooler Slang des Kultstücks äußerst lebendig zu Umgangssprache, die in unseren Breiten verwendet wird, abgeändert worden ist.
Intendantin Maya Hakvoort hat das Musical – sofern es Inhalt und Text zuließen – ins Hier und Jetzt versetzt und es gemeinsam mit Regisseur Dean Welterlen perfekt dem intimen Rahmen des Veranstaltungszentrums Bruno angepasst. Die kleine Bühne des Festsaals, unter deren spartanischer, jedoch völlig ausreichender Kulisse sogar die siebenköpfige Band Platz findet, wird von zehn namhaften Musicaldarstellerinnen und Musicaldarstellern sowie drei ausgezeichneten Kinderdarstellerinnen und Kinderdarstellern (Hannah Hruska, Lili Beetz und Jonas Peter Zeiler) bespielt – und zwar auf eine Art und Weise, die auch bei dem an eine tempo- und actionreiche Show gewöhnten Musicalpublikum keine Langeweile aufkommen lassen sollte.
Intendantin Maya Hakvoort hat das Musical – sofern es Inhalt und Text zuließen – ins Hier und Jetzt versetzt und es gemeinsam mit Regisseur Dean Welterlen perfekt dem intimen Rahmen des Veranstaltungszentrums Bruno angepasst. Die kleine Bühne des Festsaals, unter deren spartanischer, jedoch völlig ausreichender Kulisse sogar die siebenköpfige Band Platz findet, wird von zehn namhaften Musicaldarstellerinnen und Musicaldarstellern sowie drei ausgezeichneten Kinderdarstellerinnen und Kinderdarstellern (Hannah Hruska, Lili Beetz und Jonas Peter Zeiler) bespielt – und zwar auf eine Art und Weise, die auch bei dem an eine tempo- und actionreiche Show gewöhnten Musicalpublikum keine Langeweile aufkommen lassen sollte.
Willy Russells Blutsbrüder ist ein absolutes Kontrastprogramm zu den meisten anderen Stücken, die in diesem Jahr in Wien und Umgebung inszeniert worden sind, die aber alle ohne viel Federlesen gemeinsam in den Topf „Musical“ geworfen werden. Dieser Stempel wird vielen Bühnenwerken schnell und gerne aufgedrückt, ist bei Blutsbrüder aber eher suboptimal, da man sich heutzutage unter der Bezeichnung „Musical“ zumeist entweder einen schwungvollen, kurzweiligen Bühnenabend mit Happy End oder ein Drama mit übertrieben gefühlsbetonter (musikalischer) Tour de Force erwartet – und Blutsbrüder ist weder das eine noch das andere.
Dieses in Richtung Kammerspiel gehende Stück ist ein eher besinnliches, wenn auch keineswegs zurückhaltendes soziales Drama, das einem wieder einmal vor Augen führt, dass Musical auch anspruchsvolle Unterhaltung sein kann, bei der (ohne einer bestimmten demografischen Gruppe die Schuld in die Schuhe zu schieben) nachdrücklich aktuelle Missstände unserer Gesellschaft aufgezeigt werden können – was bei der noch lange nachwirkenden Brunner Inszenierung auch mit außerordentlicher Intensität gelingt.
Die aktuelle Produktion von Blutsbrüder schafft den Spagat zwischen dem Unterhaltungsmusical und Musiktheater von Niveau hervorragend – vorrangig ist das Stück aber nun einmal eine niederschmetternde Tragödie. Wer bereit ist, sich auf die Handlung einzulassen, und die Botschaften, die hier vermittelt werden, aufnehmen will, der begibt sich auf eine höchst unterhaltsame und bewegende Reise, auf der die Protagonistinnen und Protagonisten unablässig vom Damoklesschwert „gesellschaftliche Konventionen“ bedroht werden.
Die beiden Protagonistinnen in Blutsbrüder, die sich am jeweils anderen Ende des sozialen Spektrums befinden, werden in Brunn von Maya Hakvoort (Mrs Johnstone) und Ann Mandrella (Mrs Lyons) gespielt, welche beide sowohl gesanglich als auch schauspielerisch als verzweifelte Mütter, deren Schicksale sich großteils durch Selbstverschulden immer wieder ineinander verstricken, glänzen.
Drew Sarich gibt gekonnt den Erzähler, dessen Wandlungsfähigkeit es ihm erlaubt, sowohl das (etwas hinterhältige) Gewissen der beiden Mütter zu spielen, als auch ab und zu mit sichtlichem Vergnügen an der Handlung teilzunehmen.
Johannes Huth (Edward Lyons) und Daniel Eckert (Mickey Johnstone) wurden als die bei der Geburt getrennten Zwillingsbrüder engagiert und können somit ihr Repertoire um zwei der anspruchsvollsten Rollen erweitern, die das Musicalbusiness zu bieten hat. In Blutsbrüder – das schließlich auch mehrere Coming-of-Age-Storys erzählt – stellen die beiden Musicaldarsteller ihre exzellenten schauspielerischen Fähigkeiten, die es ihnen erlauben, glaubwürdig die Geschichte zweier Heranwachsender zu erzählen, unter Beweis. Die Leben ihrer Figuren werden im Alter von sieben Jahren irreversibel miteinander verknüpft und erst ca. 20 Jahre später durch ihre eigenen Hände wieder voneinander gelöst.
Die für einen Musicaldarsteller seltene Herausforderung eine Rolle zu verkörpern, in der sich sein Schauspiel von einem aufgeweckten Siebenjährigen über einen vor Hormonen sprühenden Jugendlichen bis zu einem (im Fall von Johannes Huth) mit beiden Beinen fest im Leben stehenden Stadtrat bzw. bis zu einem (im Fall von Daniel Eckert) von den Misserfolgen des Lebens gebrochenen Ex-Häftling zu spannen hat, meistern beide Akteure mit Bravour. Sie spielen ihre Figuren mit derart akribisch an verschiedene Altersstufen angepasster Gestik, Mimik und Sprache, dass man ihnen ihre wie auch immer geartete Manier in jeder Szene gänzlich abnimmt.
Johannes Huth und Daniel Eckert sorgen somit – neben Maya Hakvoort als Mrs. Johnstone – für die klarsten Charaktere in Blutsbrüder und tragen das gesamte Stück von ihrem ersten Auftritt bis zum Ende. Zusätzlich dazu harmonieren sie sowohl wunderbar miteinander als auch mit Missy May, die die beiden Brüder als entzückend lebenslustige Linda auf ihrer extensiven und intensiven Reise zum Erwachsenwerden begleitet.
Die für einen Musicaldarsteller seltene Herausforderung eine Rolle zu verkörpern, in der sich sein Schauspiel von einem aufgeweckten Siebenjährigen über einen vor Hormonen sprühenden Jugendlichen bis zu einem (im Fall von Johannes Huth) mit beiden Beinen fest im Leben stehenden Stadtrat bzw. bis zu einem (im Fall von Daniel Eckert) von den Misserfolgen des Lebens gebrochenen Ex-Häftling zu spannen hat, meistern beide Akteure mit Bravour. Sie spielen ihre Figuren mit derart akribisch an verschiedene Altersstufen angepasster Gestik, Mimik und Sprache, dass man ihnen ihre wie auch immer geartete Manier in jeder Szene gänzlich abnimmt.
Johannes Huth und Daniel Eckert sorgen somit – neben Maya Hakvoort als Mrs. Johnstone – für die klarsten Charaktere in Blutsbrüder und tragen das gesamte Stück von ihrem ersten Auftritt bis zum Ende. Zusätzlich dazu harmonieren sie sowohl wunderbar miteinander als auch mit Missy May, die die beiden Brüder als entzückend lebenslustige Linda auf ihrer extensiven und intensiven Reise zum Erwachsenwerden begleitet.
Weiters sind in Blutsbrüder noch Thomas Weissengruber, Matthias Trattner, Jasmin Shahali und Wolfgang Postlbauer zu sehen, von denen jede und jeder sehr überzeugend mehrere Nebenrollen spielt.
Blutsbrüder in Brunn am Gebirge ist die beste Sommermusical-Produktion in Wien Umgebung, die ich in diesem Jahr bis jetzt gesehen habe. Dass alle Mitwirkenden selbst mit Herz und Seele im Stück involviert sind, sieht man auch im hauseigenen Video-Log, der einen Einblick in die vergangenen Probenwochen gewährt:
Wer sich die Chance auf einen außergewöhnlichen Musicalabend nicht entgehen lassen will, der kann sich das sehr empfehlenswerte Stück noch bis zum 11. August bei den Sommerfestspielen Brunn am Gebirge (die mit der S-Bahn von Wien aus innerhalb von 20 Minuten erreichbar sind) anschauen.