28.6.18

Tanz der Vampire Dernière 28.6.2018, Ronacher

Aktion gemäß der Instruktion

Auch bei der diesjährigen Tanz der Vampire-Dernière im Ronacher am 28.6.2018 konnte man im Vorfeld wieder die langwierige und aufreibende Diskussion mitverfolgen, welche Fan-Aktionen von den VBW genehmigt werden würden und welche nicht. Schlussendlich konnte man sich wieder auf ein annehmbares Minimum einigen, das zumindest einen Teil der Fans zufrieden gestellt hat. Aber wie schon bei der letzten Wiener Tanz der Vampire-Dernière am 25.6.2011 wurden nicht nur die Entscheidungen der VBW die Fan-Aktionen betreffend mit großer Spannung erwartet, sondern auch, welche kreativen Einfälle das Produktions-Team bzw. die Künstlerinnen und Künstler selbst in die letzte Show einbringen würden.
Mein heutiger Bericht konzentriert sich vorrangig auf die außertourlichen Ereignisse der gestrigen Dernière, sowie auf Fan- und Cast-Mitglieder - Aktionen, und nicht auf die gesangliche und schauspielerische Leistung der letztgenannten. Wer mehr über Drew Sarichs und/oder Thomas Borcherts Oeuvres dieser Spielzeit lesen möchte, der möge bitte den entsprechenden Links folgen.


1.Akt
Die erste Fan-Aktion des gestrigen Abends war der noch etwas zaghafte Versuch des Publikums sich bereits in der ersten Szene der Show einzubringen und Raphael Groß (Alfred) mit einem zwischengerufenen "Doch, wir!" davon zu überzeugen, dass er falsch liegt in der – vom Skript vorgegebenen – Annahme, dass niemand Alfred vermissen würde. Leider konnte diese Aktion keinen besonderen Effekt erzielen, da diese Sequenz des Musicals zu straff orchestriert ist und keinen Raum für akustische Publikumsbeteiligung lässt, weshalb der Zwischenruf etwas untergegangen ist.

Wesentlich besser hat die Unterstützung des Publikums in der Szene geklappt, in der Professor Abronsius (Sebastian Brandmeir) Chagals (Nicolas Tenerani) Herz durchstechen will und Alfred das Wort "Rippe" nicht einfällt. Wie schon bei der letzten Tanz der Vampire-Dernière im Ronacher wurde hier von der Zuhörerschaft das gesuchte Wort kollektiv und klar verständlich zwischengerufen, was den Professor dazu veranlasst hat, seinen Assistenten mit abschätzigem Blick und energischer Handbewegung Richtung Publikumsraum darauf hinzuweisen, dass selbst uns das Wort einfällt, während Alfred noch immer verzweifelt danach sucht.

Das Highlight des 1. Akts bildete ohne Zweifel die von den VBW offiziell genehmigte Fan-Aktion, bei der sich das Publikum beim Gebet mit LED-Teelichtern an der malerischen Szene beteiligen durfte, was bei diesem Lied sowohl unter den Zuschauerinnen und Zuschauern als auch auf der Bühne für unbeschreibliche Emotionen gesorgt hat. Diana Schnierer (Sarah) war es deutlich anzusehen, dass es ihr eine Menge abverlangte, sich von dem mit flackerndem Kerzenlicht beleuchteten Publikumsraum nicht zu einer echten Gefühlsregung hinreißen zu lassen – was perfekt zu dieser Szene gepasst hat, in der ihre Figur ohnehin mit einigen widersprüchlichen Emotionen zu kämpfen hat.

Das Zusammenspiel aller Darstellerinnen und Darsteller war gestern emotional intensiver, wobei sich hier besonders Dawn Bullock (Rebecca) und Nicolas Tenerani hervorgetan haben, die sich entgegen der Angabe im Tanz der Vampire-Skript vor Chagals Aufbruch Richtung Grafenschloss auf Chagals Initiative hin innig umarmt haben.

Neben emotionalen i-Tüpfelchen gab es im 1. Akt auch das einzige (von mir bemerkte) "Hoppala" des gestrigen Abends: Drew Sarich (von Krolock) hatte wohl bei Vor dem Schloss die Visitenkarte des Professors nicht gut genug in seinem Ärmel verstaut; jedenfalls ist diese in einem rhythmisch perfekt abgepassten Moment bei einer schwungvollen Linksdrehung hinausgeflogen – was den erfahrenen Grafen, der diese Sache möglicherweise genau so geplant hatte, überhaupt nicht gekümmert hat.

2. Akt
Der ungewöhnliche 2. Akt wurde eingeleitet von Sebastian Brandmeir, der sein im Schlaf für gewöhnlich wortloses, aber geräuschvolles Luftholen (das jedes Mal den Beginn von Carpe Noctem markiert) mit einem Wort garnierte, das niemand so recht verstehen konnte. Viele Fans glauben "Mark Seibert" gehört zu haben, während andere auf "Magda", "Mahlzeit" oder "Meuterei" beharren. Die Vorstellung, etwas völlig Anderes als die Sitznachbarin bzw. der Sitznachbar verstanden zu haben, macht diese Sequenz rückblickend nur umso komischer.

Das Highlight des 2. Akts bestand darin, dass man sich dazu entschieden hatte, am letzten Abend bei vielen Ensembleszenen alle regulären Darstellerinnen und Darsteller plus Swings einzusetzen, was dem Tanz der Vampire-Fan einen beeindruckenden Unterschied zu den regulären Shows vor Augen geführt hat: Bei Ewigkeit, Tanzsaal und Finale haben statt 15-20 Vampiren erstmals über 30 Vampire zugleich auf der Bühne agiert!
Im Fall von Ewigkeit bedeutete dies, dass in den Gräberreihen auf der Bühne in der zweiten Hälfte des Liedes nicht wie gewöhnlich jeweils nur zwei weitere Vampire aus den Gräbern auftauchten, sondern jeweils doppelt so viele; während bei Tanzsaal von allen ausgehungerten Vampiren ein viel größerer und zugleich dichterer Kreis um den Graf und Sarah gebildet wurde. Die immens respekteinflößende Wirkung, die diese Ensemblenummern schon bei normalen Vorstellungen haben, wurde durch den Einsatz aller Ensemblemitglieder bei der Dernière noch um ein Vielfaches verstärkt und hat zu einigen der intensivsten Gänsehautmomenten dieser Spielzeit geführt.

Bei Tanzsaal lenkte gestern auch noch eine zusätzliche Vampir-Aktion das Augenmerk auf die Vielzahl der Künstlerinnen und Künstler auf der Bühne: Als Herbert (Charles Kreische) den Untertanen Krolocks wie immer durch Händeklatschen das Zeichen zum Tanzbeginn geben wollte, haben ihn alle Ensemble-Vampire mit präzisem und perfekt choreographiertem Klatschen ihrerseits dabei unterstützt.

Ein kleines Detail derselben Szene hat wohl die Herzen vieler Besucherinnen und Besucher höher schlagen lassen: Bevor Drew Sarich Diana Schnierer in den Hals gebissen hat, hat er sie zärtlich – wie um sich von ihr zu verabschieden – auf den Mundwinkel geküsst.


Eine erwähnenswerte Publikumsbeteiligung im weiteren Sinne war der enthusiastische, um nicht zu sagen, ekstatische Jubel und Applaus nach jedem Lied bzw. nach jeder außergewöhnlichen Aktion der Darstellerinnen und Darsteller – ohrenbetäubender Applaus, der oftmals sogar die Musik, die für gewöhnlich Szenenübergänge untermalt (z.B. nach Carpe Noctem) übertönt, und nach Ewigkeit die Vampire, die durch die Gänge hinausgehen, sogar von der Bühne bis zum Ausgang begleitet hat. 
Die ersten Standing Ovations gab es im 2. Akt bereits vereinzelt nach Ewigkeit, und nach der Unstillbaren Gier erhob sich der Großteil des Parkett-Publikums von den Sitzen. Spätestens beim Finale gab es auch für alle restlichen Besucherinnen und Besucher kein Halten mehr: Der gesamte finale Auftritt der Ronacher-Vampire wurde von den Fans mit Gesang, Klatschen, Jubel und Standing Ovations geehrt.

Ich hatte den gesamten Abend den Eindruck nur von passionierten Musicalfans und Familienmitgliedern und Freunden der Cast-Mitglieder, die alle genau wussten, was sich bei dieser außergewöhnlichen Veranstaltung gehört, umgeben zu sein – wozu wohl der, dieses Jahr durch eine Verlosung relativ elegant gelöste, exklusive Dernière-Kartenverkauf für Mitglieder des VBW-Musicalclubs geführt hat.

Schlussapplaus
Hier zwei Fotos vom Schlussapplaus aus der dritten Reihe:

Oben ganz vorne: Florian Resetarits, Charles Kreische, Nicolas Tenerani, Raphael Groß
Unten: Drew Sarich, Diana Schnierer, Sebastian Brandmeir, Marle Martens

Mit auf die Bühne durfte beim letzten Schlussapplaus auch Florian Fetterle, der sein Hauptengagement derzeit bei I am from Austria im Raimund Theater hat, aber im Ronacher mehrmals pro Monat als Walk-in-Cover vom Graf von Krolock tätig war; und unkostümiert in hellblauem Hemd und beiger Hose gestern recht unbekümmert einen lustigen Kontrast zu all den schwarz gekleideten Vampiren bildete.

Am Tag danach sind nun einige Fotos und sogar kurze Videoausschnitte von einigen Highlights der gestrigen Dernière aufgetaucht, von denen jetzt ein Großteil auf den Facebook-Pages und in den Instagram-Stories der meisten Darstellerinnen und Darsteller kursiert. Wer sich allerdings die richtig guten (Schlussapplaus-) Fotos anschauen will, dem empfehle ich im Lauf der nächsten Tage bei Diane Bauer-Photos auf Facebook vorbeizuschauen.

Hier ein Video vom Schlussapplaus aus der zehnten Reihe:

Nach dem Schlussapplaus
Da es den Fans wie schon bei der letzten Tanz der Vampire-Dernière nach dem Schlussapplaus untersagt war, ihr eigens für dieses Event kreierte Abschiedslied im Saal zu singen, sind viele von ihnen auf die verregnete Straße vor der Bühnentür ausgewichen und haben (wie schon 2011) einfach so lange gesungen, bis sich die Hauptdarstellerinnen und Hauptdarsteller (Diana Schnierer, Dawn Bullock, Raphael Groß, Sebastian Brandmeir, Drew Sarich, Nicolas Tenerani, Florian Resetarits, Charles Kreische) kurzzeitig von der Dernièren-Party im Ronacher absentiert und sich sehr enthusiastisch im Namen aller Cast-Mitglieder bei ihren Hardcore-Fans bedankt haben.
Die Erklärung der VBW warum eine musikalische Fan-Aktion nicht im Theater stattfinden darf, klang schon bei der letzten Tanz der Vampire-Dernière ein wenig müde: "die Show läuft nach einem engen Zeitplan ab, da ist keine Zeit für sowas". Warum eine musikalische Würdigung aller Mitwirkender durch die Fans im Theater bei den Dernièren einiger Musicals verboten ist (z.B. Tanz der Vampire), während sie bei den letzten Vorstellungen anderer Musicals absolut kein Problem darstellt (z.B. Elisabeth), ist eines der viel hinterfragten und bis heute ungelösten Rätsel des VBW-Dernière-Managements.

Hier der Text des umgedichteten Eine schöne Tochter ist ein Segen-Liedes, dessen Präsentation den Fans trotz des herausfordernden Rhythmus' sehr gut gelungen ist, und alle Cast-Mitglieder, die es sich angehört haben, sichtlich begeistert hat:

In diesem Sinne:
Glück und Segen auf Euren Wegen. Tschüss und Baba!

Es war eine ereignisreiche, unvergessliche Tanz der Vampire-Jubiläums-Spielzeit in Wien und wir freuen uns schon auf die nächste. Carpe Noctem!
#tdv20viennathiswasus